Positionspapier der EVP-Fraktion: Ein Deal für die Landwirte in der Union – Die Vision der EVP-Fraktion für die Landwirtschaft in der Europäischen Union

10.10.2023

Positionspapier der EVP-Fraktion: Ein Deal für die Landwirte in der Union – Die Vision der EVP-Fraktion für die Landwirtschaft in der Europäischen Union

Veröffentlichung picture

Die EVP-Fraktion ist die Partei europäischer Landwirte und ländlicher Gemeinschaften. Wir stehen an Ihrer Seite und verteidigen Ihre Interessen. Sie versorgen uns mit hochwertigen und nahrhaften Lebensmitteln. Sie erzeugen nach den weltweit höchsten Standards. Sie kümmern sich um die Natur und erhalten lebhafte Gemeinschaften in unseren ländlichen Gebieten, indem sie einen attraktiven Ort zum Leben und Arbeiten schaffen – was im öffentlichen Interesse liegt und allen zugutekommt. Was Sie mit Ihrem einzigartigen und über Jahrhunderte hinweg perfektionierten Fachwissen erzeugen, sind viel mehr als nur Lebensmittel. Was Sie erzeugen, ist ein wichtiger Bestandteil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes, das fest im Herzen unserer europäischen Identität verankert ist. Was Sie erzeugen, ist von herausragender Qualität, für die man uns in der ganzen Welt bewundert. Unter den widrigsten Umständen haben Sie für die Ernährungssicherheit innerhalb und außerhalb der EU gesorgt. Dabei haben Sie bereits gewaltige Anstrengungen auf sich genommen, um nachhaltig zu erzeugen, und sich verpflichtet, in Zukunft noch einen Schritt weiterzugehen. Sie haben sich der Herausforderung gestellt, während der Pandemie weiter Lebensmittel zu erzeugen, und scheuen auch jetzt nicht die äußerst schwierigen Bedingungen, die durch die Invasion Russlands in die Ukraine entstanden sind. Dafür sind wir dankbar. Für Ihre Anliegen haben wir ein offenes Ohr, denn wir setzen uns für eine starke und widerstandsfähige heimische Landwirtschaft ein. Wir verurteilen diejenigen, die – aus ideologischen Gründen – Ihnen die Schuld an der Zerstörung der Umwelt geben. Insbesondere Junglandwirte werden dadurch entmutigt, in der Landwirtschaft zu bleiben, wodurch unsere Ernährungssicherheit gefährdet wird. Uns bei der Versorgung mit grundlegenden Gütern auf andere zu verlassen, können wir uns nicht leisten – schon gar nicht, wenn es um Lebensmittel geht. Für die EVP-Fraktion ist die Landwirtschaft von strategischer Bedeutung. Wir verpflichten uns, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, um ein europäisches Landwirtschaftsmodell zu schaffen, das Ihnen einen fairen Lebensunterhalt ermöglicht und mit dem gleichzeitig auf Verbesserungen in den Bereichen Umwelt, biologische Vielfalt, Klimawandel und Tierschutz hingearbeitet wird, wobei wir nie den Wert regionaler und lokaler Ansätze aus den Augen verlieren. Denn alle profitieren von einer in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltigen Landwirtschaft. Bei uns stehen alle drei Aspekte im Mittelpunkt.

Ohne Landwirte keine Lebensmittel: wirtschaftliche und soziale Perspektiven für die Landwirte in der EU sicherstellen

Derzeit gibt es in der EU etwa 9 Millionen landwirtschaftliche Betriebe mit rund 17 Millionen Beschäftigten. Die Lebensmittelversorgung im weiteren Sinne macht etwa 8 % der Gesamtbeschäftigung in der EU aus, wobei die Landwirtschaft im Mittelpunkt steht. Das Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe liegt jedoch in den meisten Mitgliedstaaten deutlich unter den Durchschnittslöhnen. Außerdem hat die EU seit 2005 etwa ein Drittel ihrer landwirtschaftlichen Betriebe verloren: Im Jahr 2005 waren noch 6,4 % aller Beschäftigten in der EU in der Landwirtschaft tätig – im Jahr 2020 sank der Anteil auf 4,2 %. Wir sind fest entschlossen, diesen Rückgang zu stoppen.

Die EVP-Fraktion setzt sich für ein wettbewerbsfähiges europäisches Landwirtschaftsmodell ein, bei dem Familien und Berufslandwirte im Mittelpunkt lebhafter ländlicher Gemeinschaften in der gesamten EU stehen. Uns ist auch bewusst, dass es wichtig ist, in unseren ländlichen Gebieten vielfältige wirtschaftliche Aktivitäten zu fördern, die dazu beitragen, die ländliche Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen. Wir verstehen, dass Gemeinschaften in ländlichen Regionen und in Städten gleichermaßen Zugang zu Dienstleistungen benötigen, etwa in den Bereichen Gesundheit, Verkehrsverbindungen sowie Pflege- und Betreuungsdienste. Besonderes Augenmerk legen wir auf die Bedürfnisse von Landwirten in Gebieten, die natürlichen Einschränkungen gegenüberstehen, z. B. in Bergregionen, auf Inseln sowie in abgelegenen Gebieten, Regionen in äußerster Randlage und entvölkerten Gebieten, da die Landwirtschaft in diesen Teilen der EU oft der wichtigste Motor für die wirtschaftliche Entwicklung ist. Zudem berücksichtigen wir besonders die Bedürfnisse der Landwirte in dicht besiedelten Regionen mit einem hohen Verstädterungsgrad, in denen Natur, Wirtschaft, Wohnraum und landwirtschaftliche Tätigkeiten eng miteinander verflochten sind. Wir sind der Ansicht, dass verschiedene Landwirtschaftsmodelle in der EU nebeneinander bestehen können, und dass man unter diesen frei wählen dürfen sollte. Es gibt unzählige verschiedene Landwirtschaftsmodelle und agrarökologische Grundsätze, die angewandt werden können, und Sie sollten die Möglichkeit haben, je nach Markt, Ausrichtung des Unternehmens, agronomischen Herausforderungen, landwirtschaftlichen Traditionen, Rentabilität und Kosten zu entscheiden.

Wir haben uns stets für eine starke, finanziell gut ausgestattete Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) eingesetzt und werden angesichts der Herausforderungen, mit denen Sie konfrontiert sind, darauf bestehen, dass die GAP mehr Mittel erhält. Wir verfolgen die Umsetzung der GAP im Programmplanungszeitraum 2023-2027 sehr genau, um sicherzustellen, dass die von uns gesetzten Ziele mit den nationalen Strategieplänen erreicht werden. Wir sind bereit, die Kommission und die Mitgliedstaaten zur Rechenschaft zu ziehen, wenn wir feststellen, dass das neue System mehr statt weniger Aufwand und Bürokratie mit sich bringt, wenn die Verteilung der Fördermittel weniger gerecht ist und wenn die neue Konditionalitätsregelung sowie andere Umweltmaßnahmen dazu führen, dass Landwirte nicht mehr angemessen für die Ernährungssicherheit sorgen können. Wir werden aufmerksam darauf achten, dass die verfassungsmäßigen Vorrechte der Regionen der EU im Bereich der Agrarpolitik gewahrt bleiben und dass die Landwirte in allen Mitgliedstaaten gleichbehandelt werden. Wir sind der Ansicht, dass Fördermittel im Rahmen der GAP zwischen und in den Mitgliedstaaten gerecht verteilt werden müssen. Die 2024 gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments werden über die künftige GAP für die Zeit nach 2027 entscheiden. Wir verpflichten uns, alle notwendigen Verbesserungen vorzunehmen, die Ihnen zugutekommen. Unser Ziel ist es, eine starke wirtschaftliche Säule zu schaffen, die den Übergang zu nachhaltigeren landwirtschaftlichen Methoden ermöglicht, den Generationswechsel fördert und Ihnen besseren Schutz in einem stark schwankenden globalen Markt bietet. Wir sind der Auffassung, dass Landwirte in der Lage sein sollten, in gutem Glauben begangene Fehler zu korrigieren, bevor sie mit finanziellen Sanktionen rechnen müssen, und wir werden darauf bestehen, dass dieses Recht, das wir für Sie im Rahmen der GAP gesichert haben, gewahrt bleibt.  

Wir bestehen darauf, dass mehr getan wird, um den ausbleibenden Generationswechsel in der Landwirtschaft, der Anlass zu großer Besorgnis bietet, anzugehen, insbesondere indem die ländlichen Gebiete für die junge Generation attraktiver gemacht werden. Denn ohne junge Menschen, die bereit sind, den Beruf des Landwirts zu ergreifen, wird der Primärsektor aussterben und das Wirtschaftsleben im ländlichen Raum zusammenbrechen. Im Jahr 2020 waren nur 11,9 % der Führungskräfte in der Landwirtschaft in der EU unter 40 Jahre alt. Das ist auf lange Sicht nicht tragfähig. Wir werden alle Maßnahmen unterstützen, die es jungen Menschen ermöglichen, die Zukunft der Landwirtschaft zu sichern. Das bedeutet: Die Herausforderungen beim Zugang zu Land und Finanzmitteln angehen, Beratungsdienste sowie allgemeine und berufliche Bildung fördern und die Kohärenz zwischen lokalen, nationalen und EU-Maßnahmen für Junglandwirte sicherstellen. Dazu gehört auch, Strategien für die Hofnachfolge zu entwickeln. Wir sind dafür, den Schwerpunkt stärker auf die Berufsausbildung in der Landwirtschaft zu legen, in Ausbildungsprogramme auf Hochschulebene zu investieren und jungen Menschen einen strukturierten Übergang in die Landwirtschaft zu ermöglichen. Unserer Ansicht nach sollte der GAP-Haushalt für innovative Junglandwirte aufgestockt werden. Außerdem unterstützen wir regionale Maßnahmen, um die ländlichen Regionen als Wohnort für Jung und Alt attraktiver zu machen. Wir begrüßen es, dass der Anteil der Frauen in der Landwirtschaft gestiegen ist und im Jahr 2020 bei 31,6 % lag, aber wir müssen die GAP und andere Instrumente nutzen, um noch mehr zu erreichen. Wir erkennen an, dass Landwirtinnen für die ländliche Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind. Daher fördern wir Maßnahmen, die die Landwirtschaft als Beruf für Frauen attraktiver machen, indem wir geeignete unternehmerische Initiativen entwickeln, um junge Frauen für die Landwirtschaft zu gewinnen. Wir bestehen darauf, dass die Mitgliedstaaten die sozialen Rechte aller Landwirte und Beschäftigten in der Landwirtschaft gewährleisten. Außerdem setzen wir uns nachdrücklich dafür ein, dass das psychische Wohlbefinden der Landwirte angesichts der vielschichtigen Belastungen, mit denen sie konfrontiert sind, stärker in den Mittelpunkt gerückt wird. Zu den Belastungen gehören finanzielle Ungewissheit, berufsbedingte Risiken und unzureichende Wertschätzung ihres Beitrags zur Gesellschaft,  

Uns ist bewusst, dass eine marktorientierte Agrarpolitik dazu führen kann, dass die Landwirte den Auswirkungen extremer Preisschwankungen ausgesetzt sind. Der plötzliche Anstieg der Getreidelieferungen in die EU infolge der Invasion Russlands in die Ukraine verdeutlicht, wie schnell die Märkte destabilisiert werden können, insbesondere in den Nachbarländern der Ukraine. Daher fordern wir entschiedene Maßnahmen zur Wiederherstellung der Marktstabilität und zur Entschädigung der betroffenen Landwirte. Wir versprechen, mehr zu tun, um Sie vor den katastrophalen Folgen der Preisschwankungen zu bewahren, und werden die Instrumente zur Stabilisierung der Preise in der künftigen GAP weiter verbessern. Wir haben hart dafür gekämpft, die Instrumente der GAP zu schärfen und die finanziellen Mittel zur Bewältigung von Krisen aufzustocken. Dabei haben wir besonderen Wert darauf gelegt, die Methoden im Bereich Risikomanagement zu verbessern, Erzeugerorganisationen zu stärken und die Struktur der Lebensmittelversorgungskette zu optimieren. Die Annahme der allerersten Richtlinie zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette war ein Erfolg der EVP-Fraktion, und wir werden dafür sorgen, dass sich dieser für Sie auszahlt. Sie erhalten in der Wertschöpfungskette keinen fairen Preis für Ihre Erzeugnisse – das ist eine Schande. Wir fordern diesbezüglich eine umfassende Untersuchung. Sie verdienen es, angemessen bezahlt zu werden, und dafür wir werden wir uns weiterhin einsetzen. Wir stehen für gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb des Binnenmarktes für alle Landwirte in der EU. Die Versuche großer nichtlandwirtschaftlicher Unternehmen, die GAP nur zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil auszunutzen, lehnen wir ab. Dieses Geld gehört nämlich den aktiven Landwirten: Es gehört Ihnen!

Wälder und die gesamte forstbasierte Wertschöpfungskette sind ein wichtiger Bestandteil des ländlichen Raums. Wälder schaffen Arbeitsplätze, sichern wirtschaftlichen Wohlstand, speichern CO2, bieten Gesundheitsvorteile und wirken der Wüstenbildung entgegen. Die EVP-Fraktion ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten das beste Fachwissen im Bereich der nachhaltigen Waldbewirtschaftung haben. Daher respektieren wir die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für forstbezogene Rechtsvorschriften. Wir unterstützen nachdrücklich die Land- und Forstwirte in der EU, die im Zentrum der Kreislaufwirtschaft stehen und dringend benötigte erneuerbare Energie und andere biobasierte Rohstoffe produzieren, und betonen, dass die verstärkte Verwendung von Holz im Bauwesen aus Gebäuden CO2-Senken machen kann. Die Förderung des ländlichen Tourismus, einschließlich der Umsetzung des Konzepts intelligenter ländlicher Reiseziele, eröffnet zusätzliche Chancen, um die Einnahmen in der Landwirtschaft zu diversifizieren und die Entwicklung ländlicher Gebiete zu fördern – ein Vorhaben, das wir aktiv unterstützen.

Wir verteidigen die traditionelle landwirtschaftliche Weidewirtschaft und andere Systeme der Freilandhaltung. Dabei wissen wir um ihre Funktion bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt und Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Tätigkeit in ganz Europa. Angesichts der Schwierigkeiten, die mit einer wachsenden Population von Großraubtieren einhergehen, bestehen wir darauf, dass Landwirtschaft und Tourismus in den betroffenen Gebieten unbedingt möglich bleiben müssen. Die Großraubtier-Problematik muss unverzüglich gelöst werden. Wir brauchen jetzt einen ausgewogenen Ansatz im Bereich der Wildtierbewirtschaftung, bei dem Flexibilität auf regionaler Ebene möglich ist und bei dem die Überprüfung des Schutzstatus von Wölfen und Bären kein Tabu mehr ist. Außerdem müssen wir uns im Allgemeinen darum bemühen, die Kluft zwischen Stadt und Land zu überbrücken. Das gelingt nur, wenn man ein besseres gegenseitiges Verständnis für die Probleme entwickelt, mit denen die Stadt- und Landbewohner jeweils konfrontiert sind. Urbane Landwirtschaft und Bauernmärkte können hier ein wirksames Bindeglied zwischen Stadt und Land sein. Wir müssen in Maßnahmen wie Kommunikationsstrategien investieren, damit Verbraucher bereits in jungen Jahren verstehen und zu schätzen wissen, welche Anstrengungen Landwirte bei der Erzeugung ausreichender und hochwertiger Lebensmittel auf sich nehmen. Wir begrüßen die Ankündigung der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, einen strategischen Dialog mit den Landwirten einzuleiten, und wir werden dafür sorgen, dass Ihre Stimme gehört wird. 

Die EVP-Fraktion unterstützt eine offene und regelbasierte Handelspolitik. Wir sagen aber auch klar und deutlich: Eingeführte Erzeugnisse müssen in Bezug auf Umwelt, Gesundheit, Pflanzenschutz, Tierschutz und soziale Fragen die gleichen Standards erfüllen wie diejenigen unserer eigenen Erzeuger. Wir werden alle Bemühungen um eine internationale Anerkennung unserer Standards unterstützen und für Gegenseitigkeit sorgen, sodass Sie fair behandelt werden. Es ergibt keinen Sinn, unsere Produktivität zu verringern und unsere Erzeugung sowie die Auswirkungen auf das Klima, etwa die CO2-Emissionen und die Wasserknappheit, in Drittländer zu verlagern. Außerdem müssen wir unsere Erzeugung vor Vergeltungszöllen schützen, die bei Handelsstreitigkeiten in anderen Wirtschaftszweigen verhängt werden. Die Handelsabkommen der EU müssen Bestimmungen zum Schutz empfindlicher Waren enthalten. Schutzklauseln sollten aktiviert werden, wenn ein Anstieg des Handelsvolumens die Stabilität unseres Marktes bedroht. Unsere hervorragenden geografischen Angaben müssen in allen Handelsabkommen geschützt werden.

Innovation und Investitionen, nicht Ideologie, als Motor für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft in der EU

Investitionen in und Zugang zu Spitzentechnologie sind unerlässlich, um die europäische Landwirtschaft auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu halten, unsere hohen Standards zu wahren und nachhaltige landwirtschaftliche Produktionsmethoden sicherzustellen, die den Erwartungen der Gesellschaft gerecht werden. Ganz gleich, ob es um die Verringerung der Treibhausgasemissionen, die Verbesserung des Tierschutzes oder den geringeren Einsatz von Betriebsmitteln geht – wir sind der Ansicht, dass Forschung und Innovation zu besseren Ergebnissen führen werden als von oben vorgegebene Ziele. Wir fordern, dass in allen Mitgliedstaaten wieder ein Schwerpunkt auf landwirtschaftliche Forschung und Innovation gelegt wird, die sich an den Prioritäten der Union orientieren und der regionalen Dimension Rechnung tragen. Durch den Einsatz von Spitzentechnologien müssen wir die Auswirkungen auf die Umwelt verringern, ohne dafür unsere landwirtschaftliche Erzeugung einzuschränken. Der Einsatz von Präzisionslandwirtschaft und umweltfreundlichen Innovationen wird nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch die Auswirkungen auf die Umwelt verringern. Wir fordern deutlich bessere und schnellere Zulassungsverfahren für neue Techniken und Alternativen. Es sind verstärkte Investitionen in Technologie und Infrastruktur erforderlich. Dazu gehören Investitionen in Energiemanagementsysteme sowie in den Ausbau von zugänglichen, zuverlässigen und schnellen Internetverbindungen in ländlichen Gebieten. Außerdem müssen wir die Interoperabilität fördern, digitale Kompetenzen stärken, digitale Innovationszentren ausbauen und neue Geschäfts- und Steuerungsmodelle entwickeln. Wir werden uns dafür einsetzen, die Mittel für Landwirtschaft, Lebensmittel und Bioökonomie im Rahmen des Forschungsprogramms „Horizont Europa“ aufzustocken, wobei der Marktzugang für kleinere und neue Innovatoren verbessert werden muss. Damit das Fachwissen mittels einer verbesserten landwirtschaftlichen Betriebsberatung schnell auf die landwirtschaftliche Ebene übertragen wird, müssen wir mehr tun. Wir fördern weiterhin entschlossen den Einsatz von künstlicher Intelligenz, Big Data und der Digitalisierung sowie die Nutzung der europäischen Weltraumtechnologie zur Optimierung der Bodenbewirtschaftung. Wir entwickeln vielversprechende Initiativen wie die „intelligenten Dörfer“ weiter.

Wir glauben, dass wissenschaftlich fundierte Entscheidungen, die den Einsatz neuer Technologien ermöglichen, weitaus bessere Wege zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft bieten als rein „ideologische“ Ansätze. Neue Züchtungsmethoden zuzulassen bedeutet nicht nur, Ihnen als Landwirten den Anbau von Pflanzen zu ermöglichen, die weniger Betriebsmittel wie Wasser, Dünger und Pestizide benötigen, sondern auch Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation zu fördern und Arbeitsplätze in ganz Europa zu schaffen. Wir werden jedoch darauf bestehen, dass die neuen Züchtungsmethoden mit dem geltenden Sortenschutz und Patentrecht vereinbar sind. Wir sehen ein großes Potenzial für Landwirte, ihr Einkommen zu diversifizieren und durch die Umsetzung freiwilliger, marktbasierter Initiativen für eine klimaeffiziente Landwirtschaft große Vorteile für die Umwelt zu erzielen. Wir verpflichten uns, dafür zu sorgen, dass solche Initiativen mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand eingeführt werden. Wir müssen unsere Eiweißproduktion in Europa sowohl für Lebens- als auch für Futtermittel steigern. Wir glauben an Innovationen und die notwendige Infrastruktur für eine verstärkte Kreislaufwirtschaft, wie die Nutzung von Reststoffströmen und Dung zur Erzeugung erneuerbarer Energie im Betrieb oder als Ersatz für teure chemische Düngemittel. Dadurch werden die Böden geschont und die mit der Düngemittelherstellung verbundenen CO2-Emissionen verringert.

Wir sehen die GAP als wichtigsten Motor dafür, die Landwirtschaft in der EU innovativer, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu machen. Wir haben gezeigt, dass wir bereit sind, bei Bedarf unüberlegte Legislativvorschläge zu verwerfen, mit denen versucht wird, die GAP zu ersetzen, ihre Mittel abzugreifen und Ihnen neue Belastungen aufzubürden, ohne tragfähige Alternativen und Entschädigungen anzubieten. Die Vorschläge zur Wiederherstellung der Natur, zu Pflanzenschutzmitteln und zu Industrieemissionen sind gute Beispiele dafür. Jetzt ist sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, um unsere Ernährungssicherheit zu gefährden. Im Gegenteil, wir müssen unsere Erzeugung nachhaltig steigern, um die Verfügbarkeit von Lebensmitteln innerhalb und außerhalb der EU sicherzustellen, insbesondere in einer Zeit, in der Russland die Ausfuhren von Getreide auf den afrikanischen Kontinent und in andere benachteiligte Regionen gefährdet. Wir lehnen Vorschläge ab, die Ihre Eigentumsrechte einschränken und bei denen umfassende Folgenabschätzungen fehlen, insbesondere in Bezug auf die Lebensfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und den Generationswechsel. Die Kosten für mehr Nachhaltigkeit dürfen nicht allein auf Sie abgewälzt werden.

Die EVP-Fraktion steht an der Seite der Landwirte – insbesondere im Hinblick auf die gewaltigen Anstrengungen, die sie bereits zur Steigerung der Wassereffizienz unternommen haben. Der nachhaltige Umgang mit Wasser muss weiter unterstützt werden. Wir halten neue Investitionen in die Wasserinfrastruktur und in Technologien zur Klimaanpassung für die Zukunft der Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten, die am stärksten von den Auswirkungen von Wasserknappheit und Dürre betroffen sind, für unerlässlich.

Wir verstehen, dass Sie vor der gewaltigen Herausforderung stehen, auf einem stark wettbewerbsorientierten, globalisierten Markt mehr und besser zu erzeugen und dabei die Umwelt weniger zu belasten, während Sie gleichzeitig direkt unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden. Von Ihnen als Landwirte kann nicht erwartet werden, dass Sie mit noch weniger Unterstützung noch mehr leisten. Wir wissen, dass sich höhere Erzeugungskosten, die sich aus nachhaltigeren Verfahren ergeben, auf dem Markt oft nicht lohnen. Letztlich möchten wir einen neuen Konsens in der Gesellschaft etablieren. Wir möchten, dass sich die Verbraucher wirklich für mehr nachhaltig erzeugte Lebensmittel einsetzen und sich das auch bei ihren Kaufentscheidungen in den örtlichen Lebensmittelgeschäften widerspiegelt.

Ähnliche Beiträge