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19.10.2012 5:00
Wie die Bürgervertreter Europas kleinen und mittleren Unternehmen "die Fesseln lösen" wollen
Es sind nicht notwendigerweise die größten Hühner, die die dicksten Eier legen. Auch in der Wirtschaft ist das so. Die Fakten sprechen für sich: In den meisten europäischen Ländern sind es die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die die meisten Arbeitsplätze schaffen und in der Summe das Gros der Wirtschaftsleistung erzeugen. Gerade weil kleine Betriebe relativ wenig Strukturen und Ressourcen haben, können sie flexibler auf die Herausforderungen des Marktes reagieren. Bei ihnen ist der Weg vom Chef zum Mitarbeiter viel kürzer als bei großen Unternehmen, weil sehr oft die Firmeneigentümer auch das Tagesgeschäft leiten. Diese KMU sind das Rückgrad der europäischen Wirtschaft. Die noch immer ungelöste Frage dabei für die Politik ist, wie alle unternehmerischen Kräfte dieser kleinen und mittleren Betriebe freigesetzt werden können. Seit Jahren ist das Bekenntnis zu KMU schon fast zur "Folklore" von wirtschaftspolitischen Forderungen geworden. Trotzdem klagen viele Unternehmer über zuviel Bürokratie, die die Staaten von Ihnen fordern, über Schwierigkeiten, ins internationale Geschäft einzusteigen und notwendige Kredite zu bekommen. Deshalb hat das Europäische Parlament unter der Verhandlungsführung des Abgeordneten Paul Rübig eine Liste von Maßnahmen und Prioritäten erarbeitet, die am Dienstag, 23. Oktober 2012, beschlossen wurde. "Es geht um nichts weniger als gerade jetzt, wo Wirtschaftswachstum so benötigt wird, den kleinen und mittleren Unternehmen in Europa endlich die Fesseln zu lösen", erklärt Rübig. Dies sind einige der wichtigsten Forderungen der Parlamentarier: Kartierung des Förderdschungels zur KMU-Internationalisierung Das Parlament will, dass alle bestehenden Instrumente zur Förderung des Zugangs von KMU zu Drittmärkten "kartiert" werden. Es gibt so viele europäische, nationalstaatliche und zum Teil regionale Fördermöglichkeiten, dass kaum jemand noch Überblick hat und durch die Zersplitterung Kräfte verlorengehen. Die Europäische Kommission soll so schnell wie möglich ein mehrsprachiges Online-Portal in Gang bringen, das den KMU den Weg zu den geeigneten Instrumenten und Förderprogrammen zeigt. Dadurch sollen Doppelstrukturen auf EU-Ebene verhindert und ähnliche EU-Programme rationalisiert und koordiniert werden. Die Abgeordneten wollen, dass diese "Kartierung" und Prüfung regelmäßig stattfindet. Weniger Bürokratie Der Hauptfokus der Firmen sollte sich auf ihre unternehmerische Tätigkeit, auf neue Ideen und Geschäfte richten, nicht auf Administration und Bürokratie. Schon jetzt strebt die EU an, die Verwaltungslasten für KMU um 25 Prozent zu reduzieren. Das Problem ist nur, dass dies sehr schwer messbar ist. Deshalb will das Parlament ein neues, ambitioniertes, mess- und überprüfbares Bürokratie-Abbauziel, das für die Unternehmen spürbare Erleichterungen bringt. Die Kommission soll messbare Indikatoren entwickeln und vorschlagen und die sogenannte High Level Group des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber soll das Ziel überprüfen. Vorsicht bei zu vielen Ausnahmen für Kleinstbetriebe Außerdem will das EU-Parlament eine bessere Anwendung des KMU-Tests für neue EU-Gesetze. Gleichzeitig ist es aber dagegen, Mikrobetriebe standardmäßig von neuen Gesetzgebungen auszunehmen. Dies könnte nämlich gegenteilige Effekte haben. Mikrobetriebe würden vermeiden, über die Größe eines Kleinstbetriebes hinaus zu wachsen, weil dadurch plötzlich Verwaltungsaufwand entstünde, von dem sie vorher komplett ausgenommen waren. Unternehmerisches Denken fördern und finanzieren
Die Abgeordneten fordern bessere Rahmenbedingungen und Anreize für eigenverantwortliches Unternehmertum. Insbesondere junge Menschen und Frauen sollen zur Existenzgründung motiviert werden. Unternehmerisches Denken soll besser an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden. Auch soll gerade Unternehmensgründern der Zugang zu Finanzen erleichtert werden. Hier macht das Parlament sehr konkrete und pragmatische Vorschläge, wie z.B. ein früheres Inkrafttreten der geplanten Zahlungsverzugs-Richtlinie oder eine neue Regelung, um Kredite unter 25.000 Euro binnen 15 Tagen zugänglich zu machen. Außerdem sollen die EU-Programme "Horizont 2020" (Forschungs- und Innovationsförderung) und "COSME" (SME-Förderung) mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Ein besonderes Anliegen ist den Parlamentariern die Hilfe für talentierte Jungunternehmer: Ein weltweites Austauschprogramm für Betriebsgründer und junge Unternehmer ("Erasmus mundus for Entrepreneurs") soll ihnen die Türen zu internationalen Märkten öffnen. KMU-Politik als Teil einer Neuindustrialisierung Rübig, der die Parlamentsposition verhandelt hat, betont, dass die KMU-Politik Teil einer kohärenten und koordinierten Industriepolitik der EU und der Mitgliedstaaten sein muss: "Eine Neuindustrialisierung der EU ist notwendig, wenn Europa global wettbewerbsfähig bleiben will. Dass seit 2008 die Industrieproduktion in der EU um 10 Prozent gesunken ist, ist alarmierend. Dieser Trend muss umgedreht werden. Auch daran müssen wir denken, wenn wir KMU in der EU fördern", so Rübig. Nächste Schritte Die im Rübig-Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen wurden von den Abgeordneten bei der Plenartagung des Parlamentes am 23. Oktober 2012 beschlossen und sind damit der Ruf der Bürgervertreter der Europäischen Union nach konkreten, schnellen Maßnahmen, mit denen das Leben von KMUs erleichtert werden soll.