„Anti-Maut-Koalition“: EU-Parlamentarier protestieren gegen deutsche Pkw-Maut

15.02.2017 14:29

„Anti-Maut-Koalition“: EU-Parlamentarier protestieren gegen deutsche Pkw-Maut

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Rund 40 Europaabgeordnete aus zehn EU-Mitgliedstaaten haben Protest gegen die Einführung der deutschen Pkw-Maut für Ausländer eingelegt. Der Initiator der so genannten „Anti-Maut-Koalition“, Pascal Arimont (CSP, Belgien), verlangt am Mittwoch (15. Februar) in Straßburg eine Erklärung von der EU-Kommissarin für Transport, Violeta Bulc, zur Einigung mit dem deutschen Verkehrsminister.

Arimont: „Die deutsche Pkw-Maut ist eindeutig diskriminierend: Nur Eigentümer eines in Deutschland angemeldeten Wagens erhalten eine Entlastung über die Kfz-Steuer. Es sind also die ausländischen Autofahrer, die die deutsche Straßeninfrastruktur bezahlen sollen. Für Einwohner einer Grenzregion und die dortigen Unternehmen ist diese Maßnahme sehr schädlich. Darüber hinaus steht diese Maut in totalem Widerspruch zur europäischen Idee.“

„Die Entscheidung der EU-Kommission vom 1. Dezember, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzustellen, ist uns daher vollkommen unverständlich. Gemeinsam mit vielen Kollegen verlange ich von Kommissarin Bulc eine Erklärung, weshalb die deutsche Pkw-Maut plötzlich nicht mehr gegen EU-Recht verstoßen soll, obschon die Maßnahme genauso diskriminierend ist wie vorher. Wir wollen von der EU-Kommission hören, weshalb diese Maut in ihren Augen sogar einen „wichtigen ersten Schritt in Richtung eines gemeinsamen Rahmens für Straßennutzungsgebühren“ darstellen soll.“

Abschließend erklärt Arimont: „Falls die deutschen Mautpläne tatsächlich Wirklichkeit werden sollten, muss sich auch Belgien einer Klage Österreichs und der Niederlande vor dem Europäischen Gerichtshof anschließen“.

Der Vorschlag des deutschen Verkehrsministers Alexander Dobrindt, eine Pkw-Maut für Ausländer einzuführen, stieß auf harsche Kritik, insbesondere weil nur deutsche Pkw-Nutzer eine finanzielle Entschädigung durch eine Senkung der nationalen Kfz-Steuer erhalten sollen. Der Minister änderte daraufhin seinen Vorschlag leichtfügig ab, indem er u.a. günstigere Kurzzeitvignetten einführte sowie eine Bindung der Senkung der Kfz-Steuer an die Umweltverträglichkeit der entsprechenden Pkw-Modelle vorsah. Obschon diese Schritte die Kommission überzeugten, bezahlen nach wie vor de facto nur die ausländischen Autofahrer die Pkw-Maut.

Anhang: Mündliche Anfrage von Pascal Arimont (15.02.2017)

Eine wesentliche Anforderung für die Einführung nichtdiskriminierender Straßennutzungsgebühren besteht darin, dass alle Nutzer für die Benutzung der Straßen gleich hohe Gebühren entrichten. Die Kommission hegte im Zusammenhang mit der ursprünglichen deutschen Rechtsvorschrift zur Straßenmaut vor allem Bedenken, dass mit dieser Vorschrift ausländische Fahrer diskriminiert würden, weil den in Deutschland wohnhaften Bürger eine Steuerminderung zugesagt wurde, die exakt dem Betrag der Maut entsprechen soll. Somit hätte der Abzug der Straßenbenutzungsgebühr von der Kraftfahrzeugsteuer – allerdings ausschließlich für die in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge – zu einer De-facto-Befreiung von der Maut geführt. Da die grundsätzlichen Bedenken nicht ausgeräumt wurden, leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Die Kommission wird das Vertragsverletzungsverfahren jetzt jedoch aussetzen, weil sie am 1. Dezember 2016 mit Deutschland eine Einigung erzielt hatte. Kommissionsmitglied Violeta Bulc und der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt sind überzeugt, dass das neue System „nichtdiskriminierend“ und „in vollem Einklang mit dem EU-Recht“ ist.

Mit dem geänderten Vorschlag würden jedoch nur in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge von einem Abzug der Maut von ihrer jährlichen Kraftfahrzeugsteuer profitieren. Faktisch – und dies wurde vom deutschen Verkehrsminister erneut bestätigt – werden nach wie vor nur ausländische Nutzer die deutsche Maut tatsächlich zahlen.

Kann die Kommission erläutern, inwiefern durch diese politische Einigung jegliche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit beseitigt wird?

Die Kommission hält diese überarbeitete Gebührenregelung für einen wichtigen ersten Schritt in Richtung eines gemeinsamen Rahmens für Straßennutzungsgebühren.

Warum genau ist die Kommission von diesem System überzeugt, zumal sein Ziel darin besteht, vor allem ausländische Nutzer zu belasten?

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