OLAF-Überwachungsausschuss: Gräßle fordert Kommission endlich zum Handeln auf

05.05.2015 12:25

OLAF-Überwachungsausschuss: Gräßle fordert Kommission endlich zum Handeln auf

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"Der Jahresbericht 2014 des OLAF-Überwachungsausschusses legt in höchst beunruhigender Weise Gesetzesverstöße und Manipulationen, auch des Parlaments, offen", so die Berichterstatterin des Europaparlaments für die Rechtsgrundlage des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), Inge Gräßle, anlässlich der gestrigen Vorstellung des Jahresberichts im Haushaltskontrollausschuss.

Wie der Überwachungsausschuss in seinem Bericht zeigt, eröffnete der OLAF-Generaldirektor im Jahr 2012 an einem Tag 423 Fälle, ohne dass eine angemessene Beurteilung der Informationen vorgenommen worden war oder gar ein hinreichender Verdacht des Betrugs bzw. der Korruption vorlag. Weiter zeigt der Bericht, dass 2011 eine Änderung des Verfahrens zur Berechnung der durchschnittlichen Untersuchungsdauer vorgenommen wurde, und dass 2012 und 2013 ein großer Fall nachträglich in eine Vielzahl kleinerer Fälle aufgeteilt wurde, welche man in der Folge ohne erkennbare Untersuchungstätigkeit wieder schloss. Dies alles habe zu einer künstlichen Erhöhung der abgeschlossenen Fälle und einer Senkung der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer geführt. "Die Eröffnung einer Untersuchung ohne hinreichenden Verdacht ist ein klarer Verstoß gegen die vom EuGH formulierten rechtlichen Anforderungen", so Gräßle dazu. "Noch in seinem letzten Jahresbericht hat der Generaldirektor sich selbst dafür gelobt, die durchschnittliche Verfahrensdauer verkürzt zu haben. Das war eine Irreführung des Parlaments. Wir sehen nun, dass den offiziellen Zahlen des OLAF nicht zu trauen ist. Die geschönten Informationen sind wirklich ein Witz: Wenn man die durchschnittlichen Verfahrensdauern mit und ohne alle verzerrenden Effekte miteinander vergleicht, so springt der Wert für 2012 von 17,3 auf 32 Monate, und der Wert für 2013 von 17,5 auf 26,8 Monate. Das bedeutet, dass sich die durchschnittliche Untersuchungsdauer im Vergleich zu 2010 tatsächlich sogar erhöht hat!"

Darüber hinaus lässt der Bericht Zweifel daran aufkommen, wie effektiv OLAF die finanziellen Interessen der EU wirklich schützt: So war von 134 zur Verfügung stehenden Untersuchungsbeamten (Stand Ende 2014) ein Zehntel (13) der Einheit "Tabak und Fälschungen" zugeteilt, obwohl in diesem Bereich keine finanziellen Risiken identifiziert worden waren. Dagegen war den Einheiten für Landwirtschaft und Kohäsion, auf die 86% der identifizierten Risiken entfielen (1,9 Milliarden Euro), weniger als ein Drittel des verfügbaren Personals zugeteilt (44 von 134 Untersuchungsbeamten). "Diese Personalpolitik mit ihrem Schwerpunkt auf Produktfälschung mag vielleicht die europäische Luxusgüterindustrie gut finden, aber sie spiegelt nicht die tatsächlichen Risiken für den EU-Haushalt wider. Es ist daher kein Wunder, dass die Zahl der noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen im Bereich Landwirtschaft und Strukturpolitik mehr als sechs Mal so hoch ist wie im Bereich Tabak und Fälschungen", so Gräßles Fazit.

"Es ist schon erstaunlich, mit welcher Eselsgeduld die Kommission einem Generaldirektor zuschaut, der irreführende Zahlen verbreiten lässt, sein eigenes Überwachungsgremium am ausgestreckten Arm verhungern lässt und damit klar gegen die Verordnung verstößt und die Rechtsprechung des EuGH nicht einhält", so Gräßle. "Da wurden andere Generaldirektoren – etwa die Spitze von DG Sanco – schon wegen deutlich geringerer Verfehlungen in die Wüste geschickt."

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